Arbeitsstätte


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Radio CAE (1956-1970)

“At 87.8 on the FM-dial, this is Canadian Forces Radio CAE in Werl, Germany…”

Über 14 Jahre lang hörte man diesen Station Break auf UKW ganz vorne, am Anfang der Skala, sofern man am östlichen Rande des Ruhrgebiets wohnte. Am 21. März 1956 um 17.00 Uhr war hier ein einzigartiger Sender „on the air“ gegangen: Radio Canadian Army Europe (CAE), das Rundfunkprogramm für die kanadischen Streitkräfte in Westfalen, zunächst auf der Frequenz 96.9 MHz, später dann auf 87.8 MHz....

Sendemast

Von der Garnison „Fort Victoria“ aus, auf einem Hügel der Haar, direkt an der B 63 zwischen Wickede und Werl gelegen, sendete man mit 250 Watt HF-Leistung für die Soldaten und ihre Familien der Brigades in und um Werl, Soest, Lippstadt, Iserlohn und Hemer. Der 100 m hohe Sendemast war weithin sichtbar, und mit ein bisschen Geschick und einer guten Antenne empfing man Radio CAE im Norden bis Osnabrück, im Osten bis Paderborn, im Süden fast bis Wuppertal und im Westen bis Oberhausen, also nahezu im gesamten Münsterland, im vorderen Sauerland und im Ruhrgebiet. Aufgrund atmosphärisch bedingter Überreichweiten kamen jedoch mitunter auch Empfangsberichte aus Baden-Baden, den Niederlanden und einmal sogar aus Göteborg in Schweden.

Fazit war und ist, dass durch Radio CAE die kleine Hansestadt Werl und das Umland in puncto Zeitgeist und Musik so unglaublich aufgewertet wurden, dass ein Vergleich mit West-Berlin zutreffend ist. Letztendlich wurde hier ein Stück „große weite Welt“ und speziell ein Stückchen Kanada in die verschlafene westfälische Provinz transformiert, an dem jeder teilhaben konnte, der die englische Sprache beherrschte.

Mit normalem Empfangsgerät bekam man hier drei alliierte Programme: über MW den amerikanischen AFN Frankfurt, auf UKW den britischen BFBS und Radio CAE, das zudem zweisprachig sendete, überwiegend in englisch, aber auch in französisch für die Frankokanadier. Bemühte man sich damals beim WDR mit „Gastarbeitern“ aus Übersee (Dave Colman, Chris Howland, Mal Sandock) um modernes Profil, pfefferte CAE ebenso wie AFN und BFBS ein lockeres lebendiges Radio in den Äther, das sofort Spaß machte, sobald man es einschaltete: Stündlich aktuelle Nachrichten aus aller Welt; Wissenswertes aus der Region und die angesagte Musik in exzellenten Spartenprogrammen, sogenannten „Shows“. Wer Country mochte, schaltete „Red Patch Roundup“, „Best Of The West“ oder „Western Express“ ein, für die Kids gab’s „Teen-Time“, „Music Box“, „Pops On Parade“ und „Generation Gap“, man hatte Jazz oder sogar Klassik und Hörspiele, und alles stets locker und mit viel Spaß.

Dass hin und wieder mal die Nadel vom Plattenspieler sprang, oder der DJ das Mikro während der Musik offen ließ und man hörte, wie er mit seiner Freundin telefonierte, störte nicht. Dafür gab’s Perlen wie z.B. die unvergessenen Shows mit „Raving“ Robert Black oder dank Gast-Moderator Patrick Crean die erste Aufführung von Bob Dylan’s „Desolation Row“ in voller Länge. Und das in einer Zeit, als ein Ansager des WDR sich und die Zuhörer noch mit der Phrase quälte: „Bob Deilen (!) einer der zornigen jungen Männer Amerika’s...“

Radio CAE fiel musikalisch zunächst in die Zeit des Rockabilly und Be-Bop, später dann in die aufkeimenden 60’er mit den Beatles, Stones, Yardbirds, Who, und danach in die Endsechziger mit den psychodelischen Bands wie Electric Prunes, The Love, Greatful Dead und natürlich den bevorzugt gespielten kanadischen Bands wie Guess Who und Steppenwolf. Von Black Sabbath über CCR und Cream, von Hendrix über Arthur Brown bis Joni Mitchell lief auf 87.8 alles, was gut war, und es verwundert nicht, daß mehr als zehnmal so viele Deutsche wie Kanadier seinerzeit Stammgäste dieses kleinen, feinen Senders waren. Jahrelang war CAE neben dem AFN zudem die einzig authentische Quelle für Country, Bluegrass und Hillbilly-Music in Deutschland.

Trotz militärischer Auflagen war das Personal des Senders offen und kooperativ, gerade auch im Hinblick auf deutsche Zuhörer. Die Atmosphäre in der Station war sehr familiär und freundlich. Man durfte auf Anfrage die Studios besichtigen und sogar manch seltene Schallplatte zum Heimgebrauch auf Tonband überspielen. Dadurch wurden etliche Freundschaften geschlossen, die bis heute unvergessen sind oder sogar noch bestehen.

Radio CAE endete am Sonntag, dem 18. Oktober 1970 um Mitternacht. Damit ging ein in Europa wohl einzigartiger Sender zu Ende. Die kanadische Garnison wurde komplett nach Lahr im Schwarzwald verlegt und englische Soldaten übernahmen die Kasernen um Iserlohn, Werl und Hemer. Die Sendeanlage wurde dann noch einige Jahre lang als Umsetzer für BFBS benutzt. Heute belegt WDR 2 die Frequenz 87.8 MHz vom Fernmeldeturm in Schwerte aus. Der alte Sendemast von „Radio CAE in Werl / Germany“ steht längst nicht mehr.

 

Arbeitsstätte CAE


Stationbuilding 62Das Studio- und Sendegebäude von Radio CAE in Fort Victoria, Werl, Germany, im März 1962. Das Gebäude beherbergte zwei Studios, Kontrollraum, Schallplattenarchiv, drei Büros, Toiletten, Aufenthaltsraum und den UKW-Sender selbst (siehe auch Funkhaus 3-D (noch zu verlinken). Mit der Richtantenne auf dem Dach empfing man die Nachrichtensendungen der CBC zur Einspeisung in das laufende Programm.

Dieses Bild stellte uns „Texas“ Heinz Gunnesson zu Verfügung. Er war u.a. verantwortlich für den reibungslosen Ablauf der Kurzwellen-Übertragungen aus Kanada, indem er in Sackville telefonisch Bescheid gab, mit welcher Leistung und auf welcher Frequenz entsprechend den jeweiligen atmosphärischen Bedingungen von dort aus am besten gesendet werden konnte. 

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